Lyricon
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Zerrissen


"Das Wichtigste,
was man Kindern mitgeben sollte:
Wurzeln und Flügel.",
so meinte einst der große Goethe.
Ein Paradoxum scheinbar,
wenn man es wörtlich nimmt.

Wozu braucht man Flügel,
die durch die Lüfte tragen,
freien Flug erlauben,
wenn feste Wurzeln
zwar Halt und Stärke geben,
aber an den Boden fesseln?

Darüber nachgedacht,
im Rausche der Geschwindigkeit,
bei freiem Flug von dort,
wo Gefühle des Angekommen Seins keimen,
nach da,
wo das zu Hause ist.

Mit jedem Mal fällt schwerer,
der Start in beide Richtungen.
Es ist fast so,
als lebe man zwei Leben,
in Beiden ist man gern,
doch niemals in Beiden zugleich.

Aufgetaut in der Berge Lüfte,
vieles abgestreift,
was nach unten zog,
anders als in früheren Jahren,
diesmal dort fast nichts vermissend,
wenn der Wind unter die Flügel bläst.



 




Die wenigen Tage zu Hause jedoch,
in der Heimatstadt,
zunächst noch Sehnsucht nach den Bergen,
doch auch Gefühl des Glücks,
zu sehen wie gedeiht,
was über Jahre ward gesäht.

So scheint zerrissen,
was Goethe einst beschrieb,
die Wurzeln fest und gut verankert,
in sächsisch-lehmigen Boden,
die Flügel aber wollen kreisen,
hoch über Österreichs Kalksteinfelsen.

Noch steht in der Schwebe,
wie das Leben weiter geht,
ob in den Bergen neue Wurzeln schlagen,
oder ob die Flügel es schaffen,
beide Welten zu verbinden,
ohne das etwas verloren geht.

Vielleicht sollte man das Gleichnis Goethes,
als Bild statt wörtlich nehmen,
die Wurzeln nicht als Ketten betrachten,
sondern als sicheren Hort,
von dem mit stetig neuer Kraft,
der Flug erst möglich wird.

Es wird noch lange dauern,
bis dieser Tanz zwischen zwei Welten,
sich wirklich zu Einem fügt,
bis der Riss in Kopf und Seele schwindet,
Dank der Wurzeln Kraft und Halt,
aber auch durch der Flügel freien Schlag.


a.m.





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Erstentwurf am: 19.09.2011 Weiterblättern >>>

Gipfelstürme und Bergfrieden  - Lyrik und Lieder aus dem Bergland Niederösterreichs
a.m.


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