Lyricon
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Tollkirschen, Löwenzahn und Visionen


Holz zu großem Haufen aufgeschlichtet,
Feuer angezündet,
kurz vor Mitternacht.
Grelle Flammen zum Himmel schießen.

Bücher des Lebens aufgeschlagen,
Rubriken Risiko und Visionen.
Der Tollkirschen sechs genüsslich eingenommen,
dann Pfeife mit Löwenzahn gefüllt.

Langsam die Pupillen sich weiten
vom bittersüßen Gift der schwarzen Früchte.
Nebel aus der Pfeife Rauchschwaden
einen Kreis um das Feuer bilden.


Euphorie ganz plötzlich
aus dem Nichts gekrochen kommt.
Mit ihr den Kreis betreten,
die von ihm geliebten Frauen.

Weiße Kleider von Reinheit zeugen,
seiner Gefühle zu jeder von ihnen.
Haare aller Farben
sanft im Winde wehen.

Tanzend sie sich wiegen,
Lächeln im Gesicht,
abwechselnd eng mit ihm umschlungen
zu tiefen innigen Kuss.



Hinter den Nebeln graue Masse erscheint,
tote Augen und Gesichter,
knochige Finger verurteilend in den Kreis gerichtet,
Schlangen unter ihnen.

Kurz lässt quälende Unsicherheit ihn taumeln,
beim Anblick jener Geiferer,
eh der Nebel die Scheinmoralisten
ins Schattenreich verbannt.


Musik in den Ohren
nicht wissend woher sie kommt,
Tanz wird langsam wilder
Gefühle fahren Achterbahn.



Plötzlich sieht er Abrissbagger,
Kindergärten und Schulen ihr Ziel,
angefeuert von ehrenhaften Politikern,
unter der Flagge von Sparen und Demographie.

Doch er sieht auch Menschen,
die sich dem entgegenstellen,
die Weggefährten seiner,
über fünfzehn Jahre lang.

Aber auch diese Szenerie,
wieder hinter den Nebeln schwindet,
offen lassend wer gewinnt,
welche Zukunft nachwachsende Generationen haben.


Erneut ist er vom Tanz gefangen,
der Schönheit dieser Frauen,
ihr wunderbar natürliches Lachen,
Inbegriff des wahren Lebens.





 




Wieder grauenhafte Bilder:
verwüstetes Land,
Ströme über die Ufer treten,
Menschen ins Elend stoßen.

Schweiß perlt von seiner Stirn,
schmerzendes Mitgefühl,
angesichts des Schlamms in den Kellern,
der geraubten Existenz.

Doch bald sieht er Helfer an seiner Seite,
Hunderte die anpackend aufräumen,
was große Flut verwüstet,
aufzubauen was vernichtet war.


Freudig er sich den Frauen wieder zuwendet,
lachend sich im Kreise dreht,
jede liebevoll mit den Augen verschlingend,
dankbar für gemeinsame Zeit.



Plötzlich Blitze zucken,
Titelseiten der Gazetten Bilder zeigen,
die vernichtend für den Porträtierten,
vorgeblicher Skandal im heimatlichen Sperrbezirk.

Abschiedsgedicht kurz vor dem letzten Gang,
Leben keinen Sinn zu haben mehr scheint.
Politische Intrige vermeintlich alles raubte,
was er bis dahin aufgebaut.

Dann Solidarität und Schulterschluss von allen Seiten,
Kainsmal sich wundervoll zum Schutze wandelt,
zwar noch lang daran gelitten,
doch letztlich nicht zu Fall gebracht.


Der Tanz der Frauen sanfter wird,
beinahe nur noch ein Wiegen,
die Musik immer melancholischer,
als würde sie auf alten Schmerz reagieren.



Ein kleines rotes Gummiboot
kieloben in den Wellen treibt,
im grellen Sonnenschein
auf großem tiefen See.

Ein Junge unter ihm,
im blauen Wasser immer tiefer sinkt.
Längst aufgehört das Strampeln,
vor ihm warmes helles Licht.

Eine Frauengestalt ihn in die Arme nimmt,
sanft den Knaben vorwärts führt,
angenehme Wärme und Geborgenheit,
bis er plötzlich am Ufer erwachend Wasser spuckt.


Dieses Gefühl der absoluten Friedlichkeit
allmählich die Euphorie in ihm verdrängt,
langsam er an der Hand der Frauen
Erlösung findend in das Feuer steigt.



Das Weckradio reißt ihn hoch,
draußen schon die Morgensonne strahlt.
Verschlafen versucht er sich zu erinnern:
Was hat er da nur wieder mal geträumt?


a.m.





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Erstentwurf am: 18.08.2011 Weiterblättern >>>

Gipfelstürme und Bergfrieden  - Lyrik und Lieder aus dem Bergland Niederösterreichs
a.m.


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